Von Christiane Schmidt -Dreier
Waldbröl- Offenbarung
heißt Enthüllung des Verborgenen. In der Offenbarung des Johannes
wird das zukünftige Geschehen der Weltgeschichte in teilweise bedrohliche
Texte gefasst und in Bilder, die sich den meisten Menschen nicht erschließen.
Welch eine großartige Idee war es da, hochkarätige Wissenschaftler
und Theologen zu einem Symposium einzuladen, um der Frage nachzugehen:
"Christentum am Ende der Zeit?"
Als Veranstalter hatte der Evangelische Kirchenkreis An der Agger, das
Katholische Dekanat 0berberg und das Katholische Bildungswerk im Kreis
den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred
Kock, eingeladen, den Arzt und Psychoanalytiker Horst Eberhard Richter,
den Kulturwissenschaftler und ehemaligen Kultusminister von Bayern, Hans
Maier, sowie den Künstler Uwe Appold aus Flensburg, der mit seinen
39 großformatigen Bildern in mehreren Kirchen Oberbergs den Anstoß
zur Diskussion über die Apokalypse gab. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion
vom Journalisten Curt Hondrich.
Am Ende des zweieinhalbstündigen Symposiums gingen
doch zahlreiche Menschen eher irritiert nach Hause. Das Verborgene konnte
sich ihnen nicht erschließen. Da wurden alle möglichen Autoren
und Philosophen bemüht, Hans Magnus Enzensberger zitiert, Max Frisch,
Freud und Nietzsche, aber keiner wagte es, die grässlichen Bilder
der Bibel wortgetreu zu zitieren.
Der Maler Appold schilderte, dass ihm die fünfte Posaune als die
schrecklichste von allen erschiene, weil die Menschen fünf Monate
lang gequält wurden und ihnert die des Todes verwehrt würde.
Da musste das Publikum schon bibelfest sein, um genau zu wissen, was gemeint
war. Der Maler bekannte, dass ihm die Textstelle Angst eingejagt habe,
und mit den Händen habe er auf seinen Bildern den Zorn abgearbeitet
bis er es geschafft habe, die Angst zu überwinden. Keine Angst zu
haben, so war Horst Eberhard Richters gegensätzliche Meinung, sei
aber eine ernste Gefahr. Angst trage das Gewissen. Richter: " Wenn
wir uns frevelhaft verhalten, muss uns das erschrecken."
Natürlich mache uns das Buch der Offenbarung Schwierigkeiten,
befand Maier. Denn darin trete Gott als Richter und Allherrscher auf.
Für den Menschen des
20. Jahrhunderts sei aber der Gott der Liebe näherliegend. Sehr mutig
hielt Maier diesem Gottverständnis entgegen: "Ein Gott, der
nur Liebe wäre, könnte in die Lage kommen, kein gerechter Gott
zu sein." Denn es sträube sich doch auch etwas in uns, mit allen
Bösewichtern auf einer Ebene zu sein. Deshalb dürfe der Gedanke
der Gerechtigkeit nicht preisgegeben werden. Der Christ komme um eine
Entscheidung nicht herum - entweder sich zu verändern oder aus der
Bahn gerissen zu werden. Maier: "Christentum verlangt Umkehr."
Richter sieht in der Johannes-Apokalypse eine dringende, tiefernste Mahnung.
Zur Zeit der Hure Babylon, womit Rom gemeint sei, seien die Sünden
bis zum Himmel aufgestiegen. Heutzutage habe man sich dem Fortschritt
anvertraut, der darauf hinzielt, den Menschen leidfrei zu machen und die
Sünden, die zum Himmel aufstiegen, bestünden in Hurerei und
Korruption.
Richter malte Zukunftsvisionen von genmanipulierten Menschen
an die Wand und von Müttern, die sich wegen Austragen eines behinderten
Kindes vor Gericht wegen vorsätzlicher Körperverletzung verantworten
müssten. Präses Kock, der an diesemAbend eher zurückhaltend
wirkte, wies auf den Trost hin, den die Offenbarung dennoch gebe. Trotz
vergifteter Gewässer werde ein neuer Himmel geweissagt. Kock ermunterte,
die Menschen, ihren christlichen Mund aufzumachen. "Wir könnten
mutiger sein, das 7. Siegel ist noch nicht aufgebrochen"
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